Die Regulierungsbehörde General Telecommunications Authority (GTA) hat eine neue Lizenz für Mobilfunk- und Festnetzdienste ausgeschrieben (www.tender.gta.ly). Damit könnte ein privater Anbieter erstmals mit den staatlichen Fest- und Mobilnetzbetreibern in Wettbewerb treten. Das Land verfügt über einen Festnetzoperator und zwei Mobilfunkanbieter. Allerdings sind alle in staatlicher Hand , so dass auch im Mobilbereich nicht von Wettbewerb gesprochen werden kann.
Das Bietverfahren läuft vom 16. Februar bis 13. Mai 2009 und soll im wesentlichen bis Juni 2009 abgeschlossen sein. Der dreistufige Prozess umfasst eine Bewerbungsphase mit Dokumentation, eine Auswahlphase qualifizierter Bewerber und schließlich ein Bietverfahren. Für die Aufnahme in die Bewerbungsrunde sind 650.000 libysche Dinar (rund 400.000 Euro, 1 Euro = 1,65 LD) zu entrichten, von denen 400.000 LD wieder erstattet werden.
Mit einer Bevölkerung von rund 6 Mio. Einwohnern bleibt Libyen ein überschaubarer Telekommunikationsmarkt. Dennoch ist hier eine im afrikanisch-arabischen Vergleich überdurchschnittliche Kaufkraft angesiedelt, die sich besonders in den letzten Jahren vor allem im Mobilmarkt "entladen" hat. Im März 2008 hat Libyen als erster Staat auf dem afrikanischen Kontinent die Versorgungsrate von 100% im Mobilfunk überschritten. Neben dem allgemeinen Boom bei Mobiltelefonen dürfte auch die Unterversorgung im Festnetz ein Grund für das überdurchschnittliche Wachstum sein.
Mit einem ehrgeizigen Investitionsprogramm soll der Rückstand im Festnetz aufgeholt werden. Die libysche Regierung plant eine Verdreifachung der Festnetzanschlüsse von derzeit rund 700.000 (Ende 2008) auf 2.000.000 Anschlüsse. Neben der reinen Sprachtelefonie soll damit auch der Ausbau von Breitbanddiensten für den Internetzugang gefördert werden. Das Festnetz ist wartungsbedingt nicht überall in bester Verfassung, obwohl Libyen stetig die Infrastruktur ausbessert udn erweitert. Die Digitalisierung des Netzes hat nur spät eingesetzt und einige Einrichtungen sind außer Betrieb. Der Zustand der Kupferleitungen soll einen stabilen und flächendeckenden Ausbau von Hochgeschwindigkeitsnetzen (DSL) nicht gestatten. Daher verfolgt die Regierung im großen Stil den Ausbau von Glasfaserleitungen direkt bis zum Endanschluss. Dieses sogenannte New Generation Network (NGN) fußt auf einem landesweiten Übertragungsnetz, das bereits Ende 2008 weitgehend fertiggestellt worden sein soll. Bis zum Jahresende 2008 war vorgesehen, die ersten 200 Glasfaseranschlüsse direkt zum Kunden testweise zu realisieren.
Der Ausbau der Breitbanddienste soll die Internetnutzung in Libyen beflügeln. Die Nutzung kommt erst seit 2006 richtig in Gang, als der einzige staatliche Provider Libyan Telecom Technology (LTT), eine Tochtergesellschaft der General Post and Telecommunication Co. (GPTC) den Auftrag an die französische Firma Alcatel zur Einrichtung von ADSL-Verbindungen an 200.000 Festnetzanschlüssen in 28 libyschen Städten vergab. Alcatel hatte zuvor testweise 10.000 ADSL-Anschlüsse eingerichtet. Mitte 2008 zählte LTT 150.000 Einwahlkunden für das Internet und knapp 50.000 ADSL-Kunden. Schließlich richtet Alcatel mit der Firma Lucent Funknetze (Wimax) für circa 300.000 Kunden ein, deren kommerzieller Betrieb im Februar 2009 begonnen wurde.
Die Zahl der Mobilfunknutzer hat nach offizieller Statistik bereits 2007 mehr als 5 Mio. bei einer Gesamtbevölkerung von offiziell 6 Mio. Menschen überschritten. Zu den Kunden, die vor allem im Voraus bezahlte Abonnements (Prepaid) nutzen, gehört auch die große Zahl der Illegalen im Lande. Die beiden Mobilfunkbetreiber sind Al Madar Telecommunications Co. und Libyana Mobile Phone, die mehrheitlich von GPTC kontrolliert werden. Der Telekomchef und Sohn des Revolutionsführers Muammar Al-Gaddafi, Muhammad Muammar Al-Gaddafi, hat Ende 2008 angekündigt, dass 20 Prozent der Anteile an den beiden Mobilfunkfirmen jeweils an die Belegschaft abgegeben werden sollen im Sinne des Landesmottos "Teilhaber, nicht Lohnarbeiter".
Obwohl Al Madar der erste Anbieter am Markt war, hat Libyana Al Madar bei den Kundenabos weit überholt. Mit der Hilfe der beiden chinesischen Firmen ZTE und Huawei wurden die massiven Kapazitätserweiterungen der jüngsten Vergangenheit bei Libyana ausgeführt. ZTE hatte den Auftrag für 1,4 Mio. Mobilanschlüsse und Huawei für 1 Mio. Im Jahr 2006 wurden dann weitere 300.000 Anschlüsse mit ZTE und 500.000 mit Huawei vereinbart. Diese werden in der CDMA-Technik umgesetzt und sollen vor allem schwer erreichbare ländliche Gegenden für den Mobilfunk erschließen. Al Madar arbeitet mit GSM-Technologie (GSM 900) von Ericsson und Alcatel. Die vorhandenen rund 800.000 Anschlüssen will Al Madar auf 2,5 Mio. aufstocken, von denen 1,3 Mio. von Ericsson bzw. 1,2 Mio. von Alcatel installiert werden.
Während der Markt für Telefonnetze von den Großen wie Siemens, Alcatel, Ericsson, Sirti, Nokia, Huawei oder ZTE dominiert wird, sehen Beobachter für Mittelständler durchaus noch Chancen bei der Einrichtung von Datennetzen.
Autor: Christian Glosauer