Der Streit um einen möglichen Haftbefehl gegen Sudans Präsidenten Omar al-Baschir hat sich unmittelbar vor der Entscheidung am 4. März 2009 stark zugespitzt.
Während im Sudan Angriffe auf humanitäre Helfer befürchtet wurden, drohten Verbündete Sudans, dem Internationalen Strafgerichtshof (IStGH) in Den Haag die Anerkennung zu entziehen. Dessen Chefankläger Luis Moreno-Ocampo warf Omar al-Baschir vor, Anhänger zu Krawallen aufzuhetzen. Friedenstruppen wurden zu erhöhter Wachsamkeit aufgefordert.
Diplomaten, humanitäre Helfer sowie die Friedenstruppen der UN und der Afrikanischen Union (AU) betonten die Erwartung, dass die sudanesische Regierung in Khartum den versprochenen Schutz vor Angriffen gegen die Ausländer auch tatsächlich gewährleistet. Sollte der Internationale Strafgerichtshof (IStGH) den umstrittenen Haftbefehl ausstellen, wollen nach sudanesischen Medienberichten bis zu 37 Staaten, vor allem in Afrika und in der muslimischen Welt, dem Gericht die Anerkennung entziehen.
Der argentinische IStGH-Chefankläger Luis Moreno-Ocampo (*1953) äußerte sich vor Journalisten zuversichtlich zu den Chancen seines bereits im Sommer 2008 gestellten Antrags, al-Baschir wegen der mutmaßlichen Inszenierung eines Völkermords sowie von Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit in der westsudanesischen Krisenregion mit internationalem Haftbefehl verfolgen zu lassen. Er sei aber auch darauf eingestellt, dass der Antrag abgewiesen werden könnte. Eine «spontane Äußerung von Volkswut» gegen den IStGH im Sudan werde es nicht geben, wenn al-Baschir und dessen Helfershelfer sie nicht selbst in Gang setzten.
Die Friedenstruppe von UN und AU in Darfur (UNAMID) werde ihre Patrouillen zum Schutz der örtlichen Bevölkerung uneingeschränkt fortsetzen, erklärte der Leiter der UN-Friedensmissionen, Alain Le Roy. Er verwies auf eine Zusicherung des Außenministeriums in Khartum, wonach der Sudan die Truppen vor «allen negativen Folgen» einer Entscheidung des IStGH gegen Al-Baschir schützen werde.
«Wir hoffen, dass Sudans Regierung sich verantwortungsbewusst verhält», sagte UN-Untergeneralsekretär Le Roy vor Reportern in New York. Die Friedenstruppen hätten Notfallpläne, um mit gewalttätigen Angriffen umzugehen. Zugleich betonte Le Roy, dass die knapp 26 000 internationalen Soldaten auf keinen Fall versuchen würden, den sudanesischen Präsidenten festzunehmen. Sie sind zu jeweils etwa der Hälfte in Darfur sowie im halbautonomen Süd-Sudan stationiert.
Derweil bekräftigte der libysche Minister für Afrika-Angelegenheiten, Abdul Salam Al-Tereyki, bei einem Besuch in Khartum, dass die Afrikanische Union (AU) eine Anklage und einen Haftbefehl gegen al-Baschir ablehne, berichtete die Zeitung «Sudan Tribune». Libyen hat derzeit den Vorsitz in der AU.
Die Auseinandersetzung um Darfur müsse innerhalb Afrikas gelöst werden, ohne Einmischung von außen, habe der libysche Minister gesagt. Bei dem Konflikt haben sich Schwarzafrikaner gegen die Zentralregierung in Khartum aufgelehnt, die den Aufstand zum Teil brutal niederschlagen ließ. Hunderttausende Menschen starben, Millionen mussten ihre Heimat verlassen.
Im Februar 2009 hatte bereits Jean Ping, der Vorsitzende der AU-Kommission, den Internationalen Strafgerichtshof als einseitig kritisiert, da er bislang nur gegen Afrikaner ermittele. Das Gericht befasst sich derzeit außer Darfur auch mit Kriegsverbrechen in Uganda, der Zentralafrikanischen Republik und dem Kongo.