11 Juni 2007

US-Investor Colony Capital übernimmt Mehrheit an Tamoil

Der staatlichen libyschen Ölkonzern Tamoil verfügt über Raffinerien in Deutschland, Italien, Spanien und der Schweiz. Außerdem betreibt das Unternehmen mehr als 3 000 Tankstellen in Europa, davon rund 260 in Deutschland. Ein Unternehmenssprecher machte weder Angaben zu Umsatz noch zum Ergebnis des Unternehmens. Auf einer Internetseite sind für 2005 Umsätze von 10 Milliarden Euro angegeben. Die Mitarbeiterzahl liege bei 1.931.
Auch Colony Capital, 1991 von Thomas Barrack gegründet, hielt sich mit Informationen zurück und bezeichnete den Deal lediglich als „historisch“, ohne Angaben zu Zielen und Konzept zu machen. Man habe 65 Prozent von Tamoil übernommen, der Rest der Anteile bleibe in staatlichen libyschen Händen.
Die Tamoil-Übernahme erfolgt nur eine Woche nach der Ankündigung von BP, rund 900 Millionen US-Dollar in die Suche und die Entwicklung von libyschen Ölvorkommen zu investieren. Inzwischen haben Unternehmensvertreter öffentlich geäußert, das BP-Engagement könne einen Umfang von bis zu 25 Milliarden US-Dollar erreichen – je nachdem, was die Erkundung zeige.
Libyen ist eines der zehn erdölreichsten Länder der Erde. Hinzu kommen umfangreiche Erdgasreserven. Bei der Nutzung der Rohstoffe aber liegt Libyen weit zurück. Das Land fördert nur halb so viel Öl wie vor der Verstaatlichung der Industrie in den 70ern. Staatschef Muammar al-Gaddafi sagte bereits 2003, dass die nationale Ölwirtschaft gescheitert sei. Daraufhin öffnete sich das Land dem Westen.
90 Prozent der weltweiten Öl- und Gasreserven sind in staatlicher Hand. „Libyen ist eine der seltenen Chancen, die sich den internationalen Ölkonzernen bietet“, sagt Valerie Marcel vom Royal Institute of International Affairs in London. „Das Potenzial ist groß, und die Regierung ist ausländischen Investitionen im Ölsektor aufgeschlossen.“ Experten verweisen darauf, dass es für die Ölkonzerne immer schwieriger wird, an Rohstoffe zu kommen. Die Verstaatlichung der Industrie in Venezuela und zunehmende Einflussnahme in Russland sind nur die prominentesten der vielen Probleme. Hinzu kommt, dass Öl und Gas oft in sicherheitspolitisch extrem heiklen Gebieten liegen. Der Irak ist praktisch unzugänglich, in Nigeria hat Shell seine Förderung teilweise eingestellt, weil man nicht für das Leben der Mitarbeiter garantieren konnte. Auch im Vergleich zu Angola ist die Sicherheitslage in Libyen geradezu idyllisch.
Mehr als 135 Unternehmen haben sich um eine Explorationslizenz in Libyen beworben, 75 erhielten bereits Grünes Licht. „Es gibt einen regelrechter Wettlauf der internationalen Industrie“, sagt Gil Feiler vom Begin-Sadat Center for Strategic Studies in Israel. „Das Potenzial ist riesig.“ Auch die konkrete Übernahme des Staatskonzerns Tamoil durch Colony Capital halten Experten für gelungen. „Tamoil macht Sinn, wenn man davon ausgeht, dass die Raffineriemargen hoch bleiben”, sagt Leonidas Drollas, Chefökonom am Center for Global Energy Studies in London.

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