Eine Einigung zwischen Regierung und Rebellen der Demokratischen Republik Kongo über die Bildung einer gemeinsamen Regierung brach am Wochenende zusammen, nachdem die Regierung von Präsident Joseph Kabila der Rebellenbewegung MLC (Kongolesische Befreiungsbewegung) vorwarf, Libyen eine Militärpräsenz gewährt zu haben. Mitte letzter Woche hatte der französische Auslandsrundfunk RFI über massive libysche Rüstungslieferungen per Flugzeug in das MLC-Gebiet im Norden des Kongo berichtet. Die Regierung Kabila verlangte daraufhin eine Reaktion des UN-Sicherheitsrats, und am Wochenende lehnte sie gemeinsam mit den von Ruanda unterstützten Rebellen der RCD (Kongolesische Sammlung für Demokratie) im Osten des Landes bei Gesprächen in Südafrika ein Abkommen mit der MLC ab. Die jüngste Verhandlungsrunde zwischen den Kriegsparteien des Kongo in Südafrikas Hauptstadt Pretoria hätte eigentlich am 14. Dezember 2002 mit der feierlichen Einigung über eine gemeinsame Regierung des Kongo und damit ein Ende des Krieges und der Teilung des Landes abgeschlossen werden sollen. Südafrikas Präsident Thabo Mbeki hatte einen Vorschlag erarbeitet, wonach Joseph Kabila Präsident eines geeinten Kongo bleiben würde, aber von vier Vizepräsidenten flankiert wäre. Diese würden jeweils von Regierung, RCD, MLC und der zivilen Opposition kommen. Über dieses Schema waren sich alle einig. Darüber hinaus zirkulierte bei den Verhandlungen in Pretoria aber eine Kabinettsliste unklaren Ursprungs, die der MLC mehrere wichtige Posten wie das Aussen- sowie das Finanzministerium zusprach. Die MLC fand dies natürlich gut - die anderen Gruppen nicht, gestärkt durch das Misstrauen wegen Libyen. So wurde am Schluss überhaupt nichts unterschrieben. Die MLC regiert aus Gbadolite, der ehemaligen Urwaldresidenz des toten Diktators Mobutu Sese Seko, das nördliche Drittel des Kongo. Dass Libyen jetzt auf dem Flughafen von Gbadolite riesige Mengen Rüstungsmaterial abliefert, wird von beiden Beteiligten zwar dementiert, von unabhängigen Quellen jedoch bestätigt. Grund dafür ist zunächst nicht der Krieg im Kongo, sondern der im nördlichen Nachbarland Zentralafrikanische Republik. Dort kontrolliert die Regierung von Präsident Ange-Félix Patassé kaum mehr als die Hauptstadt Bangui, während eine von Tschad unterstützte Rebellion im Norden des Landes große Gebiete beherrscht. Mehrere hundert Soldaten aus Libyen schützen Präsident Patassé, mehrere hundert MLC-Kämpfer helfen seiner Armee. Uneigennützig ist die fremde Hilfe nicht: Für MLC-Chef Jean-Pierre Bemba, ein reicher Geschäftsmann, ist Bangui der wichtigste Handelsumschlagplatz; Libyens Regierung hat von Patassé Bergbaukonzessionen in der Zentralafrikanischen Republik erhalten. Libyer wie Kongolesen sind aber in Bangui überhaupt nicht populär. Libyens Luftwaffe flog vorletztes Wochenende Angriffe auf den von Rebellen besetzten Ort Damara nördlich von Bangui, was zu Protesten führte. Die Kongolesen der MLC plündern und vergewaltigen und werden von Banguis Opposition als zu vertreibende "Banyamulenge" beschimpft - eigentlich der Name einer Tutsi-Ethnie des Kongo. Im Zusammenhang mit diesen Vorgängen nutzt Libyen jetzt das MLC-Territorium im Kongo als Versorgungs- und Rückzugsgebiet. Das verkompliziert die Befriedung des Kongo, denn ein Friedensabkommen würde bedeuten, dass die MLC Zugang zu Kongos Hauptstadt Kinshasa erhält und eventuell ihre libyschen Freunde mitbringen könnte. Einige halten diese Aussicht für den wahren Grund des plötzlichen libyschen Interesses. Südafrikas Regierung, die mit Libyen um Einfluss in Afrika rivalisiert, sieht sich in ihren Kongo-Friedensbemühungen von Libyen herausgefordert und erwägt nach Angaben der belgischen Zeitung Le Soir, eigene Soldaten in die kongolesische Hauptstadt zu entsenden. Die Angst vor Instabilität ist in Kinshasa jedenfalls groß. Am 14. Dezember 2002 wurden sämtliche Militärlager dort geschlossen und 2.000 Regierungssoldaten marschierten in die Innenstadt. Dort ging daraufhin Panik vor einem Putschversuch um. Die Behörden sagten, es handele sich um "traditionelle Militärmanöver".
Quelle: Domenic Johnson