Nach dem begeisterten Empfang in Tripolis wurde der aus schottischer Haft entlassenen Lockerbie-Attentäter Abdel Basset al Megrahi und seine Familie am 22. August 2009 von Revolutionsführer Muammar al Gaddafi empfangen. Der bitische Fernsehsender BBC zeigte am 23. August 2009 Bilder des libyschen Fernsehens von dem Treffen, auf denen zu sehen ist, wie Gaddafi den Ex-Geheimagenten umarmt. "Ich beglückwünsche sie zu ihrem Mut und der Demonstration ihrer Unabhängigkeit", sagte Gaddafi.
Zudem bedankte er sich beim britischen Premierminister Gordon Brown und Königin Elisabeth II. dafür, dass sie die schottische Regierung zu der Freilassung ermutigt hätten. Dieser Schritt sei auch im Interesse "der persönlichen Freundschaft zwischen mir und ihnen". Er werde sich sicher positiv auf alle Bereiche der Zusammenarbeit zwischen beiden Ländern auswirken.
Einem Bericht der Nachrichtenagentur AP zufolge sind allerdings kurz vor der Landung des Flugzeugs auf dem Militärflughafen bei Tripolis, mit dem al Megrahi in seine Heimat zurückkehrte, mehrere hundert wartende Menschen von dem Gelände vertrieben worden. "Es scheint, als hätte es in letzter Minute einen Kompromiss zwischen jenen gegeben, die ihre patriotischen Pflicht erfüllen wollten und jenen, die den Empfang mit Blick auf die Beziehungen zu den USA möglichst unauffällig gestalten wollten", sagte der ehemalige britische Botschafter in Libyen, Richard Dalton. Ausserdem sei es bemerkenswert, dass es keine offizielle Willkommensfeier gegeben habe.
Muammar al Gaddafi setzte die internationalen Reaktionen von Lockerbie-Opfern auf die Freilassung Megrahis mit jenen von libyschen Familien gleich, die seinerzeit schockiert gewesen seien, als den in Libyen verurteilten Krankenschwestern ein Heldenempfang bereitet wurde. Die libysche Nachrichtenagentur Jana zitiert Gaddafi mit den Worten: "Ist es etwa so, dass sie Gefühle haben und wir nicht?"
Unterdessen veruscht die britische Regierung Berichte zurückzuweisen, wonach die Freilassung des Lockerbie-Attentäters in Zusammenhang stehen mit der Sicherung von Ölförderrechten des BP-Konzerns in Libyen, der erst kürzlich ein Vertrag im Umfang von 900 Millionen US-Dollar hierzu abschloss. Saif al-Islam al Gaddafi erklärte gegenüber der Presse, dass Al-Megrahis Fall bei allen Gesprächen über Öl und Gas ein Thema gewesen sei. Der ehemalige britische Premierminister Tony Blair habe den Fall immer wieder angesprochen, sagte er einem libyschen Sender.
In einem Interview mit der britischen Zeitung "The Times" betonte Abdel Basset al Megrahi, er werde Beweise für seine Unschuld vorlegen, bevor er sterbe. "Es war ein Justizirrtum." Er sei jedoch "sehr, sehr glücklich", frei zu sein. "Es war meine Hoffnung und mein Wunsch - dass ich bei meiner Familie bin, bevor ich sterbe... Ich habe immer daran geglaubt, dass ich zurückkomme, wenn die Gerechtigkeit siegt.