23 August 2009

Kritik in der Schweiz über Abschluss eines Staatsvertrag mit der libyschen Regierung durch Bundespräsident Merz

Der Staatvertrag zwischen Libyen und der Schweiz, der bei einem Besuch von Bundespräsident Hans-Rudolf Merz in Tripolis vereinbart wurde, stösst im Bundesrat auf Kritik. Die umstrittene Entschuldigung in der Affäre um Hannibal Gaddafi werde im Kollegium zur Sprache kommen, kündigten Justizministerin Eveline Widmer-Schlumpf und Wirtschaftsministerin Doris Leuthard am 22. August 2009 an.

Ausdrückliches Lob für seine diplomatische Mission in Libyen erhielt Merz bislang nur von Verteidigungsminister Ueli Maurer. "Der Bundespräsident hat seine Sache gut gemacht", sagte er gegenüber Radio DRS. Experten, darunter der Staats- und Völkerrechtler Thomas Fleiner gehen hingegen davon aus, dass Merz zu dem Vertragsschluss gar nicht berechtigt war. Der Bundespräsident hat vorab repräsentative Aufgaben, er kann nicht ohne Delegation des Gesamtbundesrats ein Abkommen unterzeichnen.


Auszug des Inhalt des Staatsvertrages zwischen der Schweiz und Libyen:

Das schweizerisch-libysche Abkommen zur Beilegung der Affäre Gaddafi umfasst 7 Punkte. Hier die wichtigsten Bestimmungen des auf englisch und arabisch abgefassten Abkommens, das die Unterschriften von Premierminister Al-Baghdadi Ali al-Mahmudi und Bundespräsident Hans-Rudolf Merz trägt:

Gemäss Punkt 1 soll sich die Schweizer Regierung öffentlich für die ungerechtfertigte und unnötige Verhaftung ("unjustified and unnecessary arrest") des libyschen Diplomaten (Hannibal Gaddafi) und seiner Familie durch die Genfer Polizei "und andere Schweizer Beamte" entschuldigen.

2. Beide Staaten setzen gemeinsam ein dreiköpfiges Schiedsgericht zur Untersuchung der Affäre ein. Die jeweiligen Parteien wählen zwei Schiedsrichter aus Drittstaaten aus. Diese wählen gemeinsam einen dritten aus, den Vorsitzenden des Gremiums.

Die Parteien teilen sich die Kosten des Schiedsgerichts. Sein Sitz ist London. Es soll nationale und internationale Rechtsgrundsätze anwenden und innerhalb von 60 Tagen ein Urteil fällen. Beide Länder verpflichten sich, sich daran zu halten.

3. Falls das Gericht unrechtmässige Handlungen ("wrongfull actions") feststellt, müssen die Schweizer Behörden die notwendigen Schritte gegen die Verantwortlichen einleiten.

4.Stellt das Gericht kriminelle Handlungen oder Gesetzesverletzungen fest, müssen der oder die Verantwortlichen vor Gericht gezogen werden.

5.In seinem solchen Fall muss eine vom Gericht festgelegte Entschädigung an die Opfer oder an eine von diesen benannte Organisation gezahlt werden.