07 Mai 2009

Italien schickt erstmals Flüchtlinge direkt nach Libyen zurück

Italien hat erstmals auf hoher See aufgegriffene Flüchtlinge direkt nach Libyen zurückgeschickt.

Italiens Innenminister Roberto Maroni teilte am 7. Mai 2009 mit, die Regierung in Tripolis habe nach langen Jahren des Drängens aus Italien der sofortigen Rücknahme der 227 Flüchtlinge zugestimmt, die von Libyen aus die Reise nach Europa angetreten hatten. Maroni sprach von einem historischen Ereignis. Normalerweise wären die Migranten in Italien aufgenommen worden und hätten dann ein Asylverfahren durchlaufen müssen.

Die italienische Marine hatte nach einem Notruf die 227 Flüchtlinge am 6. Mai 2009 rund 35 Seemeilen südöstlich von Lampedusa gerettet und durften italienischen Boden nicht betreten.

Das UN-Flüchtlingshochkommissariat zeigte sich tief besorgt. Die Flüchtlinge hätten nicht einmal die Möglichkeit erhalten, einen Asylantrag zu stellen. "Ich appelliere an die italienischen und maltesischen Behörden, Schutzbedürftigen, die auf hoher See gerettet werden, auch weiterhin vollen Zugang zu einem Asylverfahren zu gewähren", betonte UN-Flüchtlingshochkommissar Antonio Guterres. Dieser Vorfall stelle einen Wandel der italienischen Politik dar, sagte ein UN-Sprecher. Dies sei Grund zur Sorge. Die Vereinten Nationen bedaueren den Mangel an Transparenz.

Die Hilfsorganisation "Ärzte ohne Grenzen" verurteilte die Aktion als völkerrechtswidrig. Es handele sich nicht um ein historisches Ereignis, sondern um eine zwangsweise Rückführung von Menschen.

Die Rückführung der Flüchtlinge war durch eine Verbesserung des libysch-italienischen Verhältnisses möglich geworden. Beide Länder hatten Anfang 2009 ein Abkommen unterzeichnet, mit dem Libyen für Unrecht während der italienischen Kolonialzeit entschädigt wurde. Der Pakt soll vor allem die Wirtschaftsbeziehungen zwischen beiden Ländern verbessern.