17 September 2005

Die sudanesische Krisenregion Darfur versinkt immer mehr in Anarchie

In der nigerianischen Hauptstadt Abuja hat die sechste Runde der Darfur-Friedensgespräche begonnen. Doch trotz Zehntausender von Toten - die Vereinten Nationen sprechen inzwischen von 180 000 Opfern - und mehr als 1,8 Millionen Flüchtlingen sind die Erfolgsaussichten nach zweieinhalbjährigem Bürgerkrieg in der sudanesischen West-Region weiterhin minimal.

Die beiden Rebellenbewegungen, die behaupten, die Interessen der lokalen Bevölkerung zu vertreten, wie auch die Regierung erheben immer wieder Maximalforderungen. Obwohl schon vor einem halben Jahr eine Kompromisslösung „im Prinzip“ vereinbart wurde, sind sie weder zu einer wirklichen Feuereinstellung noch zu einem Friedensschluss bereit.

Dabei bezichtigen sie sich gegenseitig der Verletzung bisheriger Übereinkünfte. Offenbar versuchen sie, durch militärische Terrain-Gewinne ihre eigene Stärke zu demonstrieren, um so bei den Verhandlungen „bessere Positionen“ zu haben. Zudem kommt es auch zu bewaffneten Auseinandersetzungen zwischen den beiden Rebellengruppen „Sudanesische Befreiungsarmee“ und „Bewegung für Gerechtigkeit und Gleichheit“.

Beobachter berichten, in Darfur nehme die Anarchie immer mehr zu. Sowohl die einst regierungstreuen Reitermilizen der Janjaweed als auch Rebellengruppen überfallen, vergewaltigen, brandschatzen und plündern immer mehr auf eigene Rechnung. „Es gibt ein weit verbreitetes Banditentum“, registriert die dort stationierte Afrikanische Friedensmission. Einige Gebiete sind inzwischen - ähnlich wie in Somalia - zu Einflussbereichen von „Warlords“ geworden. Diese greifen auch Mitarbeiter und Konvois von internationalen Hilfsorganisationen an, die dort den Flüchtlingen helfen. „Es vergeht kein Tag, ohne dass es zu zwei, drei oder vier Überfällen auf Hilfstransporte kommt“, klagt der Vertreter von Unicef, Keith McKenzie. Alexandre Liebeskind vom Roten Kreuz in Darfur befürchtet ein Abgleiten der Situation in eine „chronische Instabilität“. „Die Kämpfe halten an“, registriert der Sprecher der Afrikanischen Friedenstruppen, gesteht jedoch zugleich ein, dass sich seine Leute wegen der hohen Risiken nicht in die Kampfzonen wagen.

Die Afrikanische Union (AU) hat Truppen aus Nigeria, Ruanda und anderen Staaten in Darfur als Beobachter stationiert, die jedoch noch immer nicht die vor einem Jahr angekündigte Sollstärke haben und von der lokalen Bevölkerung als bisher relativ wirkungslos angesehen werden. In den Weiten von Darfur, das größer als Frankreich ist, sind sie trotz eines verstärkten Mandats zum Schutz der Zivilbevölkerung nicht in der Lage, wirklich zur Beruhigung der Lage beizutragen. Die insgesamt 11 000 Mitarbeiter von internationalen Hilfsorganisationen in Darfur, die vor allem in den 200 Flüchtlingslagern fast zwei Millionen Menschen ernähren, klagen zudem über einen Rückgang der internationalen Aufmerksamkeit.

Quelle: Kölner Stadt-Anzeiger

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