09 Oktober 2003

Deutsch-libysches Wirtschaftstreffen in Berlin

Vom 9. bis 10. Oktober 2003 treffen sich in Berlin (bei der Deutschen Bank und in der libyschen Botschaft) rund 250 Industrievertreter mit hochrangigen Abgesandten aus Libyen zum 7. Deutsch-libyschen Wirtschaftsforum. Schirmherr ist der Sohn von Revolutionsführer Muammar el Gaddafi und Vorsitzender der Gaddafi-Stiftung GIFCA Saif al Islam Gaddafi.

Zu den deutschen Großunternehmen die an der Konferenz teilnehmen gehören u.a. die Fluggesellschaft Lufthansa, die Deutsche Post AG, die Commerzbank AG, der Siemens-Konzern, der Baukonzern Hochtief, der Reiseveranstalter TUI und das Erdölunternehmen BASF-Wintershall. „Für uns ist Libyen eines der weltweit interessantesten Länder“, erklärt Wintershall-Vorstand Bernhard Schmidt. Nach der Aufhebung der UN-Sanktionen gegen Libyen im September 2003 sucht die libysche Regierung nach Wirtschaftspartnern und Investoren. Die libysche Wirtschaf hatte große Verluste durch die Sanktionen zu beklagen und plant auch rund 300 Firmen zu privatisieren. Das wichtigste libysche Unternehmen die staatliche Ölgesellschaft NOC National Oil Corporation fördert gemäß OPEC-Quote 1,4 Millionen. Barrel pro Tag, Experten von Wood Mackenzie rechnen damit, dass sich die Menge mittelfristig auf 1,7 Millionen Barrel steigern lässt. Nach eigenen Schätzungen müssen dafür innerhalb von 10 Jahren sieben Milliarden US-Dollar aufgebracht werden – auch mit Hilfe deutscher Konzerne. Viele Firmen wie der Baukonzern Bilfinger & Berger, MAN oder Ferrostaal AG sind schon da, weitere werden kommen. „Nach dem Fall der UN-Sanktionen steigt das Interesse deutscher Firmen“, sagt Jens-Ove Stier, Vorsitzender des deutsch-libyschen Wirtschaftsforums. Zwar bietet Libyen mit seinen 5,5 Millionen Einwohnern keinen großen Markt für Konsumgüter, neben dem Öl- und Gasgeschäft locken aber große Infrastrukturprojekte wie der Bau der Eisenbahnlinie von Tunesien nach Ägypten oder die Pipeline nach Italien. Chancen bieten auch Gesundheitswesen, Tourismus und Kommunikation. Wer schon vor den Sanktionen in Libyen aktiv war, konnte in den vergangenen Jahrzehnten unbehelligt seinen Geschäften nachgehen. Die BASF-Tochter Wintershall fördert seit über 40 Jahren libysches Öl und Gas. „Für uns läuft die Kooperation problemlos“, heißt es. Schwer haben es aber Neueinsteiger, und das wird sich auch jetzt nicht schlagartig ändern, sondern erst wenn auch die US-Regierung ihren bilateralen Boykott aufgibt. Seit Mitte der 90er Jahre müssen auch nicht-amerikanische Firmen Strafen fürchten, die mit Libyen Geschäfte machen. Dieser „Iran-Libya Sanctions Act (ILSA)“ droht Konzernen, die sich in Geschäftsfelder vorwagen, die US-Konzerne wegen der Sanktionen räumen mussten. Das musste zuletzt der RWE-Konzern erfahren. Die Tochter RWE-Dea hatte im Frühjahr 2003 einen Explorationsvertrag unterzeichnet. Die US-Regierung intervenierte. „Das Problem ist inzwischen gelöst“, beschwichtigt ein Sprecher des Unternehmens. Die Situation könnte sich für RWE und andere Newcomer ohnehin bald entspannen: Die US-Firmen machen Druck auf ihre Regierung, die seit 1986 bestehenden Sanktionen aufzuheben. „Die scharren mit den Hufen“, sagt ein Branchenkenner. Die US-Gesetze sind nicht das einzige Hindernis für Unternehmen, die mit Libyen Geschäfte machen: Nach wie vor werden Visa nicht schnell genug erteilt, die Korruption ist ein Problem sowie die ineffiziente Bürokratie. Der private Sektor und die Infrastruktur sind noch recht schwach, zudem gibt es noch keine privaten Banken. „Das Land hat aber schon einige Fortschritte gemacht“, sagt Stier. Vor allem der Rechtsrahmen für private und ausländische Investitionen steht. Und an den wirtschaftlichen Rahmenbedingungen arbeitet Libyen fleißig. In den vergangenen Jahren wurde der Dinar um 50 % ab und senkte den Zoll auf Importgüter um bis zu 50 %.

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