18 Juni 2009

Ukrainisch-libysche Erdöl-Pläne sorgen für Diskussionsstoff

Die ukrainische Regierungschefin Julija Tymoschenko hat während ihres Besuchs in Libyen Ende Mai 2009 Erdöllieferungen und den Bau einer Raffinerie in Odessa vereinbart. "Wir haben uns darauf verständigt, dass wir libysches Erdöl bekommen. Wir haben zudem den Bau einer Raffinerie mit einer Kapazität von zehn Millionen Tonnen erörtert", sagte sie. Im Tausch für libysches Erdöl will die Ukraine libyschen Unternehmen 40.000 Hektar Schwarzerdeböden für den Anbau von Getreide zur Verfügung stellen, das dann nach Libyen exportiert werden soll.

Der Beauftragte des ukrainischen Präsidenten für Fragen der Energiesicherheit, Bohdan Sokolowskyj, wies darauf hin, eine Kooperation mit Libyen in der Erdölverarbeitung sei nur möglich, wenn dabei die Pipeline Odessa-Brody genutzt werde. Heute wird über diese Leitung russisches Erdöl nach Odessa gepumpt. Ursprünglich sollte über die Pipeline Odessa-Brody in umgekehrter Richtung Erdöl fließen, also vom Schwarzem Meer in Richtung Norden. Als weitere Bedingung nannte Sokolowskyj eine Reform des Erdölmarktes. Es solle attraktiver werden, in der Ukraine Erdöl zu verarbeiten, als nur fertige Erdölprodukte zu importieren.

Oleksands Hudyma ist Mitglied des Ausschusses für Brennstoff- und Energiefragen im ukrainischen Parlament. Er geht davon aus, dass die technischen und finanziellen Fragen mit der libyschen Seite noch in diesem Sommer geklärt werden. Der Bau der Raffinerie und von mindestens 300 Tankstellen könnte demnach Anfang 2010 beginnen. Ihm zufolge sind die Libyer bereit, die Investitionen für das Projekt zu übernehmen, die sich auf etwa eine Milliarde Dollar belaufen. "Es ist kein Problem, Erdöl aus Afrika auf Tankern herbeizuschaffen, das kann man jederzeit machen", sagte der Abgeordnete.

Skeptiker meinen aber, das libysche Erdöl könnte für die Ukraine teuer werden. "Man kann Öl auch vom Nord- oder Südpol herbeischaffen, aber wie wird dann der Preis für das Erdöl aussehen", fragt der Energieexperte Serhij Kujun. Er kritisiert die Argumentation der Regierung, die eine Entmonopolisierung des ukrainischen Markes für Erdölprodukte für notwendig hält, um die Preise auf dem Inlandsmarkt zu senken. Kujun zufolge gibt es in der Ukraine sechs Raffinerien, daher könne man nicht von einem Monopol sprechen.

Wolodymyr Saprykin vom Alexander Rasumkow Institut in Kiew hält den Bau einer neuen Raffinerie zudem für gefährlich, denn es drohe anderen Betrieben dadurch der Stillstand. Schon heute seien die anderen Raffinerien in der Ukraine nur zu 20 Prozent ausgelastet. "Die Raffinerien im Westen des Landes bewegen sich bereits an der Grenze ihrer Rentabilität", sagte Saprykin. Eine neue Raffinerie mache im Hinblick auf die bestehenden Kapazitäten keinen Sinn. Eine solche Investition würde sich nicht lohnen.

Andere Experten hingegen argumentieren, dass nur noch die kleine Raffinerie in Drohobytsch in ukrainischer Hand sei. Die Raffinerie in Krementschug gehöre zum Teil Tatarstan, alle anderen seien unter russischer Kontrolle. Der Bau einer neuen Raffinerie würde demnach Libyen den Absatz von Erdöl garantieren und die Abhängigkeit der Ukraine von russischen Erdöllieferungen mildern.

Autoren: Oleksandr Sawyzkyj und Markian Ostaptschuk